Hey du,
ich weiß du hast hier lange
nichts mehr von mir gehört. Das liegt daran, dass ich wieder zu meiner alten
Stelle gewechselt bin und hier habe ich eindeutig weniger Zeit. Trotzdem habe
ich einiges erlebt, wovon ich dir gerne erzählen möchte.
Wie ich in einem früheren Eintrag
schon mal erwähnt habe, bin ich Anfang November von meiner eigentlichen
Einsatzstelle in eine andere gewechselt, da Julia in Heimataufenthalt gegangen
ist. In der Zwischenzeit habe ich bei einer wirklich lieben Familie gelebt und
die Zeit dort sehr genießen können. Gegen Mitte Januar kam Julia dann aus
Deutschland zurück und es fand wieder der Stellenwechsel statt.
Ich hatte schon so ein Gefühl das
nun eine schwierige Zeit bevorstehen
würde. Das lag daran, dass die Regenzeit mittlerweile gekommen war und einiges angerichtet hatte. So bekam ich die Nachricht, dass mein Zuhause nur noch mit
dem Boot erreichbar war, weil eine Brücke auf dem Weg dorthin eingestürzt war.
Außerdem erfuhr ich, dass die Decke über meinem Zimmer kaputt gegangen sei und
dort alles unter Wasser stand. Dazu kam, dass es überall Stromausfall gab und
ich wusste, dass ich kaum bis garkeinen Handyempfang über mehrere Tage haben
würde. Meine Freude hielt sich also dementsprechend in Maßen…
Am Freitag gegen Mittag holte mich
Julia mit meinen ganzen Sachen bei der Familie ab wo ich gewohnt hatte. Da Nachts
keine Boote fuhren und wir nicht mit dem Auto in Mossuril (meine Stadt)
reinkamen, mussten wir in Monapo (der nächsten größeren Stadt) übernachten und
unser Auto auch da abstellen. Gegen 21 Uhr kamen wir also voll fertig bei einer
Freundin von Julia an. Ganz toll war natürlich auch der zusätzliche Stromausfall.
So musste ich dann erstmal im Schein einer kleinen Kerze meine beiden Koffer
aufräumen und alles in einen Backpack packen, was ich für die nächsten 3 Tage
in Mossuril und die darauffolgenden 10 Tage in Sambia ( im nächsten Eintrag
mehr dazu) brauchen würde. Das war schon so eine Herausforderung an sich, aber
dazu kam das ich nur das allernötigste einpacken durfte, da ich diese Last im
Notfall Stundenlang auf meinem Rücken tragen musste und ich bin nun mal echt
nicht der stabilste Mensch auf Erden. Außerdem hatte ich noch ein unglaublich
unschönes Gefühl, weil ich meine Koffer, mit allen Sachen die ich in Afrika
überhaupt hatte, bei einer fast fremden Afrikanerin und ihrer Familie zurück
lassen musste.
Um 5 Uhr morgens am nächsten Tag
fuhren wir mit der nächsten Chapa die am Haus vorbei fuhr zu unserem Gesundheitszentrum,
weil wir dort einige Sachen abholen mussten. Dort warteten wir eine Zeitlang
und fuhren dann mit der nächsten Chapa in Richtung Küste, wo wir mit dem Boot
fahren würden. Auf dem Weg dorthin sahen wir, wie schrecklich alle Häuser durch
den Regen und Sturm zerstört waren. Gefühlt nur noch 1/3 aller Häuser waren
heile. Es war ein schreckliches Bild diese großen Zerstörungen zu sehen.
Nach ungefähr einer Stunde kamen wir
an der Küste an und erwischten sogar direkt ein Boot, mit dem wir nach Mossuril
fahren konnten. Spätestens jetzt war ich echt froh, dass ich ein Backpack für
meine Sachen mitgenommen hatte und keinen Koffer, denn wir mussten erst noch
durch kniehohes Wasser watscheln, um zum Boot zu kommen. Auf dem Boot war auch
schon alles nass. Aber trotzdem fand ich die ganze Aktion schon irgendwie aufregend…
Ich genoss die Fahrt unglaublich!
Das Meer war nicht zu stürmisch und nicht zu ruhig. Ich konnte einfach meine Augen
schließen, den Wellen lauschen, den leichten Wind fühlen und für einen Moment
meine Sorgen vergessen.
Vielleicht eine Stunde später kamen
wir an der Küste in Mossuril an. Auch hier mussten wir erst noch durchs Wasser
um an Land zu kommen. Aber da meine Röcke schon von davor nass waren, war es
sowieso egal. Gefühlt alle Mitarbeiter die wir bei unserem Zentrum haben, dort wo
wir leben, nahmen uns in Empfang. Mit einer Chapa von einem Freund der schon
auf uns wartete, fuhren wir dann 10 min zu unserem Haus.
Meine Aufregung stieg. Ich hatte
keine Ahnung, was ich in unserem Haus erwarten sollte. Erstmal war es sowieso
fast drei Monate unbewohnt gewesen, und dann war da noch mein Zimmer das unter
Wasser stehen sollte. Ich schloss die Tür auf und trat ein. Direkt strömte mir
ein modriger Geruch entgegen und ich sah Kakerlaken über den Boden laufen. Am liebsten
wäre ich direkt wieder umgedreht, aber da musste ich jetzt durch. Ich ging
weiter zu meinem Zimmer um das Ausmaß der Katastrophe zu sehen. Es ging… alles
war nass, auf dem Boden war eine 10 cm Schicht Wasser und es stank
nach vergammelt, aber sonst ging`s…
Eigentlich war ich ziemlich fertig
von dem Weg, hatte unglaublich Hunger da es bis jetzt noch keine Möglichkeit
gegeben hatte, überhaupt etwas zu essen oder zu trinken, war übermüdet und
wollte mich einfach nur irgendwo hinlegen. Ein Blick auf mein durchnässtes Bett
ließ alle Hoffnung auf Ruhe in Luft aufgehen. Ab jetzt war viel Arbeit
angesagt. Das Wasser in meinem Zimmer wurde ausgeschöpft und alle Sachen und Möbel
raus getragen. Dabei entdeckte ich, dass ein Regal und meine Kleiderkiste mit
einigen Kleidungstücken voll am schimmeln waren. Das motivierte mich natürlich sehr,
voller Elan weiter zu machen. Nein Spaß, eigentlich hatte ich sehr gerne weinen
wollen, aber ich entschied, dafür war nicht der richtige Moment.
Danach mussten wir die ganzen Sachen
aus den Regalen in der Küche ausräumen, um alles zu säubern. Als ich bei
unserer Teekiste ankam, hörte ich es rascheln. Ich ahnte schon wieso.
Vorsichtig öffnete ich die Schublade und sah es direkt: Kakerlaken… in Unmengen…
Ich musste erstmal einen Schrei unterdrücken und entschloss mich dann dazu die
Schublade einfach wieder vorsichtig zu schließen.
Später trug ein Mitarbeiter die
Kiste nach draußen und kippte sie um. Es war ekelhaft! Ich übertreibe nicht
wenn ich sage, dass da mindestens 40 Kakerlaken auf einmal raus gelaufen kamen.
Direkt wurde mir bewusst, dass Kakerlaken wahrscheinlich wirklich die einzigen
Lebewesen sind, die den 3.Weltkrieg mit Atombomben und allem drum und dran locker
weg überleben würden… Die Kakerlaken wurden alle sorgfältig getötet und dann
schauten wir nach, was wir aus der Kiste noch retten konnten. Ja, es werden jetzt
tatsächlich immer noch die Teebeutel getrunken die sich in der Kiste befanden
und zum größten Teil von den Viechern als Nistplatz verwendet und angeknabbert wurden. In Afrika
ist nun mal alles wertvoll und wird bis zum bitteren Ende verwendet. Ich für
mein Teil habe die ersten 3 Wochen meine Finger von dem Tee gelassen, aber dann
irgendwann wollte ich dann doch gerne mal ein Tee trinken. Afrika halt…
Irgendwann nachmittags gab es dann
endlich was zu essen, der Strom ging wieder an, nur der Handyempfang fehlte.
Denn Rest des Tages wurde weiter aufgeräumt.
Die Nacht schlief ich in der Küche. Ich
wurde ständig wach. Entweder von den noch nicht entdecken Kakerlaken, die sich
in der Küche immer noch sehr wohl fühlten, oder weil es immer wieder regnete
und da das Dach in der Küche undicht war, tropfte mir immer wieder Wasser ins
Gesicht.
Aber es war geschafft.
Der erste Tag war überlebt. Immer wieder betete ich, die nächsten drei Tage
mögen schneller vorbei gehen, als man blinzeln konnte. Denn dann würde ich für
10 Tage von alle dem erlöst sein. Die nächste Reise würde anfangen, nach SAMBIA…
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